Zahnbehandlung bei Heimtieren
Kaninchen und Nager, wie Meerschweinchen und Chinchillas, haben aufgrund ihrer permanent wachsenden Zähne oft Probleme. Häufig wird zu viel Fertigfutter gefüttert, welches die Tiere schnell sättigt und so den stundenlangen Malabrieb der Zähne unterbindet
Mittlerweile ist bekannt, dass genetische Ursachen eher eine untergeordnete Rolle spielen. Oft entstehen an den Backenzähnen Zahnspitzen und spitze Kanten, die die Zunge oder Backenschleimhaut verletzen. Diese Verletzungen entzünden sich häufig und sind äußerst schmerzvoll. Beim Meerschweinchen sieht man öfter eine Brückenbildung der vorderen Backenzähne im Unterkiefer, wodurch die Zunge in ihrer Bewegung stark eingeschränkt wird und das Fressen sehr erschwert wird. Noch massiver wird das Problem, wenn die Zähne in die „falsche Richtung“ wachsen. Dabei kann es zum Durchbruch in die Nasen-u. Augenhöhlen kommen. Auch die Cortikales des Unterkieferknochens kann durchbrochen werden.
Es kommt zur Entstehung von Abszessen, die allerdings auch häufig durch Entzündungen eines oder mehrere Zähne entstehen, sowie durch Verletzungen, z.B. eingespieltes Futter in das Zahnfach. Nach Empfehlung der Deutsche Gesellschaft für Tierzahnheilkunde (DGT) werden Ihre kleinen Lieblinge für die Diagnose und zur Behandlung in Narkose gelegt. Oft reicht schon eine reine Gasnarkose aus, die sehr schonend ist und nur kurze Zeit anhält. Dies ist notwendig, da die Maulhöhle sehr klein ist, und die Tiere zu Abwehrbewegungen neigen, die ansonsten zu schweren Verletzungen führen könnten. Bei einer Untersuchung der Maulhöhle ohne Narkose können niemals alle Zähne eingesehen und untersucht werden. Selbst unter Narkose können nur 20-30% der Probleme erkannt werden, für die restlichen 70-80% benötigt man mehrere Röntgenbilder, die in unterschiedlichen Lagerungen angefertigt werden. Aussagekräftige Röntgenbilder, die gut gelagert und nicht verwackelt sind, sind am besten in Narkose zu erzielen. Moderne Arbeitsgeräte, wie rotierende Instrumente, könnten ohne Narkose nicht zum Einsatz kommen. Aber auch Standardinstrumente, wie eine diamantierte Feile können bei Tieren ohne Narkose, die eine Abwehrbewegung zeigen, zu schweren Verletzungen führen. Deshalb lehnen wir eine Behandlung ohne Narkose ab.
Zur Beurteilung der Röntgenbilder nehmen wir die Referenzlinien nach Böhmer u. Crossley zu Hilfe. Dadurch kann, dem Schädeltyp und der Schädelgröße angepasst, unter anderem das Ausmaß des „Wachstums in die falsche Richtung“ (= retrogrades Wachstum, Elongation) festgestellt werden. Auch dienen sie zur Ermittlung der physiologischen Länge von Schneide- und Backenzähnen, die dadurch optimal gekürzt werden können. Die Okklusionskorrektur der Schneide- und Backenzähne muss in der Regel in individuellen Abständen wiederholt werden, da es durch Verlagerung und Verschiebung der Zähne im Zahnfach (trotz Korrektur) zu einer fehlerhaften Stellung und Wachstum kommt. In manchen Fällen kann, bei frühzeitiger Diagnose und mehreren Behandlungen in kurzen Abständen, die fehlerhafte Okklusion (=Verzahnung) dauerhaft korrigiert werden. Auch bei den Heimtieren müssen immer wieder mal Zähne extrahiert werden, vor allem, wenn diese entzündet sind und sich ein Abszess gebildet hat. Wird der betroffene Zahn nicht extrahiert, bleibt die Ursache des Abszesses bestehen, und auch nach Eröffnung oder Entfernung des Abszesses kommt dieser häufig wieder.
Daher stellt die Abszessbehandlung eine sehr individuell angepasste Therapie dar. Auch Heimtiere können Karies bekommen. Dies passiert selten, sollte aber behandelt werden, da es ansonsten zur Infektion des Zahninneren (Pulpa) und Wurzelentzündung mit Abszessbildung kommen kann. Die Füllung erfolgt mit einem amalganfreien Kunststoff, der im Laufe des natürlichen Zahnwachstums und Abschleifprozesses der Zähne abgenutzt wird und wieder verschwindet. Zurück bleibt ein gesunder Zahn. Für gesunde Heimtierzähne und ein gesundes Leben ist die richtige Fütterung der entscheidende Schlüssel. Bei Fütterung von Fertigfutter, Kaustangen und Leckerlies wie Yoghurtdrops sind Zahnprobleme vorprogrammiert! Bei der richtigen Ernährung kommen keine Fertigprodukte zum Einsatz, sondern nur Lebensmittel, die nicht hart oder zu energiereich sind. Optimal sind Gräser, Kräuter, Blätter, Gemüseblattgrün und dünne Scheiben von verschiedenen Gemüsesorten und Obst. Ausreichend Heu und Wasser muss dabei jeder Zeit zur Verfügung stehen. Heu ist das Grundnahrungsmittel aller Kaninchen und Nager.
Zweige von Obstbäumen zum Benagen sind für Nagerzähne wichtig und ein guter Zeitvertreib. Die richtige Ernährung kann in ein paar Sätzen kaum zufriedenstellend erklärt werden, daher empfehle ich eine individuelle Beratung und hochwertige Fachliteratur, die von Kollegen mit jahrelanger Erfahrung auf dem Gebiet der Zahnheilkunde speziell für Heimtierbesitzer geschrieben wurden: „Warum leiden Hauskaninchen so häufig an Gebiss- und Verdauungsproblemen?“
Ein Ratgeber für die Ernährung von Kaninchen von Dr. Estella Böhmer
„Chinchillas: Haltung und Pflege von Heimtieren“ von Dr. Guido Schweigart
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